Bundestagswahl 2025

Positionen der BLZK zur Bundestagswahl 2025


Praxissterben stoppen!

Qualitativ hochwertige zahnmedizinische Versorgung muss auch auf dem Land patientennah zur Verfügung stehen. Der „Zahnarzt vor Ort“ ist unverzichtbar für den Erhalt der wohnortnahen zahnmedizinischen Versorgung in einem Flächenstaat wie Bayern, in dem 55 Prozent der Menschen in ländlichen Räumen leben. Ohne die „Zahnarztpraxis im Ort“ sinkt die Lebensqualität, leidet die Standortattraktivität und droht ein demographisches Ausbluten der Kommunen. Deshalb kämpfen die Zahnärzte in Bayern gegen das Praxissterben.

Zahnarztpraxen im ländlichen Raum, die noch vor wenigen Jahren mühelos nachbesetzt werden konnten, finden mittlerweile keinen Nachfolger mehr. Damit laufen wir in einen ähnlichen Versorgungsmangel wie bei den Hausärzten hinein. Gründe sind der Fachkräftemangel, die Budgetierung, der seit 1988 stagnierende GOZ-Punktwert, Hürden für zahnärztliche Aktivitäten in geringem Umfang und die überbordende Bürokratie. Verschärft wird die Situation, weil zunehmend Private-Equity-Gesellschaften große Praxisketten in den Ballungsräumen gründen und hierdurch die zahnmedizinische Versorgung im ländlichen Raum austrocknet.

Die Bayerische Landeszahnärztekammer appelliert an den zukünftigen Gesetzgeber, dass er die inhabergeführten, freiberuflichen Praxisstrukturen sichert und stärkt. Der ländliche Raum muss für die Niederlassung und für Praxis-Personal attraktiv bleiben. Notwendig sind eine gute Verkehrsanbindung, digitale Infrastruktur und Bildungseinrichtungen. Vor allem aber müssen die Praxen von Bürokratie entlastet werden. Zahnärzte brauchen zudem faire Bedingungen gegenüber Praxis-Investoren. Bei der Honorierung zahnmedizinischer Leistungen müssen Kostensteigerungen berücksichtigt werden.
 


Fachkräfte sichern

Zahnärztinnen, Zahnärzte und Zahnmedizinische Fachangestellte sind zu jeder Zeit systemrelevant. Für Angehörige dieser Heilberufe ist sicherzustellen, dass die Erziehung von Kindern und die Pflege von Angehörigen mit dem Beruf, auch in Vollzeit, vereinbar ist. Sie brauchen qualitativ hochwertige und verlässliche Angebote zur Kinderbetreuung und Unterstützung bei der häuslichen Pflege von Angehörigen. Angeregt wird dazu eine Studie, die ermittelt, ob und in wie weit die unterschiedliche Verfügbarkeit von Kinderbetreuung in den urbanen und ländlichen Räumen Bayerns die Bereitschaft zur Tätigkeit und insbesondere zur Niederlassung im ländlichen Raum beeinflusst.

Zudem sind Anreize zu setzen, damit Zahnärztinnen und Zahnärzte, die alters- oder gesundheitsbedingt oder aus familiären Gründen nur in geringem Umfang arbeiten können, im Beruf bleiben. Für deren Patienten sollte die Gesetzliche Krankenversicherung eine Kostenerstattung auch ohne Kassenzulassung ermöglichen.

Damit die bayerischen Zahnärzte morgen noch qualifizierte und motivierte Fachangestellte für ihre Praxen gewinnen können, kommt es vor allem aber auf eine leistungsgerechte Bezahlung an. Um Personalkostensteigerungen für Zahnmedizinische Fachangestellte zu refinanzieren, ist die Budgetierung zu beenden. Das heißt, der Zahnarzt muss das festgelegte Honorar für jede Leistung bekommen – ohne spätere Rückzahlungen, falls bayernweit das Budget der Krankenkassen überzogen wurde. Zudem ist der Punktwert der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) mindestens in Höhe der Inflation anzupassen.


Weniger Bürokratie – mehr Zeit für Patienten

Eine durchschnittliche Zahnarztpraxis kommt auf über 24 Stunden Bürokratieaufwand pro Woche. Das ist Zeit, die für die Versorgung der Patienten fehlt. Angesichts des Fachkräftemangels ist diese Entwicklung nicht nur zu stoppen, sondern umzukehren. Die Zahnärzteschaft hat einen konkreten Maßnahmenkatalog zum Bürokratieabbau vorgelegt:

Gemeinsam Bürokratie abbauen! Vorschläge zum Bürokratieabbau in der zahnärztlichen Versorgung – Maßnahmenkatalog KZBV/BZÄK unter bzaek.de

Der Gesetzgeber ist aufgefordert, diese Vorschläge zeitnah in einem Bürokratieentlastungsgesetz zu berücksichtigen, insbesondere:

  • Auf die Erstvalidierung von Prozessen bei fabrikneuen Reinigungs- und Desinfektionsgeräten sowie bei Sterilisationsgeräten ist zu verzichten. Für eine solche „Erstvalidierung“ gibt es keine wissenschaftliche Evidenz. Das ist, als wenn man mit einem Neuwagen vor der ersten Fahrt zum TÜV müsste. Demgegenüber ist der wirtschaftliche und personelle Aufwand einer solchen Erstvalidierung unverhältnismäßig.
  • Die Aufbewahrungsfrist von Röntgenaufnahmen sollte für alle Altersgruppen einheitlich verkürzt werden.
  • Die Intervalle bei der Aktualisierung der Fachkunde und der Kenntnisse im Strahlenschutz sind deutlich zu verlängern.
  • Der Regulierungsansatz für Medizinprodukte muss reduziert werden.
     

Schluss mit Konzernstrukturen in der Zahnmedizin:
investorengeführte Medizinische Versorgungszentren (iMVZ) regulieren

Einer der Gründe, warum die zahnmedizinische Versorgung auf dem Land ausblutet, sind die neuen iMVZ. Diese großen Zahnfabriken entstehen hauptsächlich in den Ballungsräumen. So verschärfen sie die Konzentrationsprozesse zu Lasten der zahnmedizinischen Versorgung im ländlichen Raum. Es muss endlich Schluss damit sein, dass Zahnärztinnen und Zahnärzte ebenso wie Zahnmedizinische Fachangestellte von renditeorientierten Finanzinvestoren aus den ländlichen Räumen abgezogen werden. Deshalb erwartet die Bayerische Landeszahnärztekammer von den politisch Verantwortlichen ein klares Bekenntnis, dass Finanzinvestoren nicht länger ohne fachlichen und räumlichen Bezug Praxen aufkaufen dürfen.

Hinzu kommt, dass sich die iMVZ überproportional an den Budgets bedienen: In Bayern liegen ihre Fallwerte bei konservierenden und chirurgischen Leistungen im Schnitt mehr als 30 Prozent über den Fallwerten der Einzelpraxen. Der hohe Umsatzdruck in den iMVZ und die daraus resultierende Überbehandlung bedrohen die hohe Qualität der zahnmedizinischen Versorgung in Bayern.

Bezüglich der Patienten betreiben die Investoren Rosinenpickerei und beteiligen sich wenig an der Versorgung vulnerabler Gruppen.

Bei den Investoren handelt es sich vielfach um Private-Equity-Fonds (vom ehemaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering als „Heuschrecken“ bezeichnet). Sie sind darauf ausgerichtet, über Krankenhäuser als Träger konzernartige Zahnmedizin-Ketten aufzubauen, um sie später zum Verkauf anzubieten. Nach einer Studie der Hochschule Bochum versteuern gerade die großen Zahnmedizin-Ketten mit fast drei Viertel der Beschäftigten in sogenannten Offshore-Finanzzentren. Somit fließen Versichertengelder in Steueroasen wie die Cayman Islands, Jersey und Luxemburg.

Die Bayerische Landeszahnärztekammer verurteilt, dass Solidarbeiträge der Gesetzlichen Krankenversicherung, Versichertenbeiträge der privaten Krankenversicherung sowie Leistungen der Beihilfe zunehmend über investorengesteuerte Medizinische Versorgungszentren (iMVZ) und deren Dachgesellschaften in Steueroasen fließen.

Die Gründung eines zahnärztlichen MVZ durch ein Krankenhaus sollte künftig nur mehr zulässig sein, wenn fachlich ein zahnmedizinischer Bezug besteht und sich das MVZ räumlich im Planungsbereich des Krankenhauses befindet. Um zu verhindern, dass Renditeinteressen über zahnärztlichen Entscheidungen stehen, muss ein zahnärztliches MVZ zu mindestens 51 Prozent in Zahnarzthand liegen.
 


Steigende Kosten berücksichtigen:
Budgetierung beenden, GOZ-Punktwert anpassen

Die gesetzlichen Krankenkassen, die privaten Krankenversicherungen und der Staat als Träger der Beihilfe müssen die Zahnärzte so honorieren, dass Personalkostensteigerungen für Fachkräfte, Sachkosten und medizinisch-technische Innovationen refinanziert sind.

Dazu ist die Budgetierung zahnärztlicher Leistungen mit sofortiger Wirkung zu beenden. Budgetierung bedeutet, dass eine Praxis – wenn insgesamt in Bayern mehr Patienten behandelt wurden – im Folgejahr Geld zurückzahlen muss. Der Zahnarzt kann sich also nie sicher sein, was er am Ende von der Gesetzlichen Krankenversicherung für seine Behandlung bekommt.

Völlig inakzeptabel ist, dass der Punktwert der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) seit 1988 eingefroren ist. Die Bayerische Landeszahnärztekammer erwartet von der künftigen Bundesregierung eine Anpassung, die der Leistung der Praxis-Teams gerecht wird. Das heißt: Der Punktwert ist der Inflation anzupassen und für die Zukunft gemäß dem Verbraucherpreisindex zu dynamisieren. Nur so können die Zahnärztinnen und Zahnärzte ihren Patienten weiterhin qualitativ hochwertige zahnmedizinische Versorgung zur Verfügung stellen.
 


Elektronische Patientenakte:
Chance für den Neustart nutzen

Das aktuelle Konzept der elektronischen Patientenakte (ePA) ist nicht ausgereift. Das derzeitige Moratorium ist zu nutzen, um die Digitalstrategie der Bundesregierung und das Konzept der ePA neu aufzusetzen. Dabei sind folgende Forderungen zu berücksichtigen:

  • Die ärztliche Schweigepflicht muss zwingend gewahrt bleiben.
  • Die Selektion von Patienten durch einen Algorithmus darf unter keinen Umständen möglich sein.
  • Es ist ethisch unzweifelhaft, dass die informationelle Selbstbestimmung der Patienten gewahrt bleiben muss. Das ist nur mit dem Opt-In-Verfahren möglich, bei dem sich die Versicherten aktiv für die Teilnahme entscheiden können. Die 2023 beschlossene Opt-Out-Lösung, bei der man sich aktiv gegen die Teilnahme an der ePA entscheiden muss, wenn man die eigenen Daten schützen möchte, war ein Signal des Misstrauens an die Bürger. Eine Rückkehr zur Opt-In-Lösung ist geboten, damit die Patienten auch in Zukunft souverän steuern können, wem sie welche Gesundheitsdaten anvertrauen.
  • Nach dem derzeitigen Konzept muss jeder behandelnde (Zahn-)Arzt Befunde, Berichte, Briefe, Medikationspläne und Bildgebungsergebnisse berücksichtigen, die völlig unstrukturiert abgelegt sind. Somit ist die ePA derzeit nicht praxistauglich. Die Daten in der ePA müssen standardisiert und mit einer Volltextsuche leicht auffindbar sein.
  • Eine umfassende Test- und Übergangsphase unter realen Versorgungsbedingungen muss sicherstellen, dass alle Anwendungen in den Zahnarztpraxen funktionieren. Nur so kann die ePA von den Praxen und den Versicherten akzeptiert werden.
  • In der Testphase sind die rechtlichen Folgen der Einführung der ePA zu evaluieren. Dies betrifft vor allem die Befüllungspflichten der Zahnarztpraxen, Haftungsfragen und die Ansprüche der Versicherten.
  • Gerade weil Zahnärztinnen und Zahnärzte äußerst technikaffin sind, muss die ePA so gestaltet werden, dass sie den Praxisalltag erleichtert. Vor der flächendeckenden Einführung ist sicherzustellen, dass die ePA einen klaren Mehrwert für die Praxen in Form von Arbeitsentlastung und/oder Kostenersparnis bringt.
  • Sanktionen für die Praxen sind auszusetzen.
     

(Zahn-)ärztliche Versorgungswerke erhalten

Die Freien Berufe wurden 1957 aus der Solidarität der Rentenversicherung ausgeschlossen und auf Hilfe zur Selbsthilfe verwiesen. Gegenwärtig werden über 30 Prozent der Rentenausgaben (mit steigender Tendenz) aus Steuermitteln aufgebracht! Die Ärzte und Zahnärzte beteiligen sich somit an der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung, ohne Leistungen zu beanspruchen. Die bewährten und verlässlichen Versorgungswerke für Ärzte und Zahnärzte müssen erhalten bleiben.

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