03/10/2023 | Pressemitteilung

„Akzeptanz kann man nicht per Gesetz verordnen“

Bayerische Zahnärzte kritisieren Digitalisierungsstrategie des Bundesgesundheitsministeriums

München – Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach hat am gestrigen Donnerstag die Digitalisierungspläne der Bundesregierung im Gesundheitswesen vorgestellt. Die bayerischen Zahnärzte unterstreichen die von der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) geäußerte Kritik an den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums und fordern ein angemessenes Datenschutzniveau für Zahnärzte.

Verbunden mit der Digitalisierungsstrategie des Bundes ist neben einer elektronischen Patientenakte (ePA) und einem elektronischen Rezept die Umwandlung der Gesellschaft für Telematik (gematik GmbH) in eine sogenannte Digitalagentur. Alleiniger Träger soll künftig der Bund sein. Die bayerischen Zahnärzte unterstützen die von der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) geäußerte Kritik an der Entscheidung des Bundesministeriums für Gesundheit.

Der Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer (BLZK), Dr. Dr. Frank Wohl, sagt: „Wenn neue digitale Lösungen verpflichtend eingeführt werden, bevor sie ausreichend getestet wurden, wird das der Akzeptanz merklich schaden. Akzeptanz kann man nicht per Gesetz verordnen.“ Schon bisher haben sich Tausende von Ärzten, Zahnärzten und Psychotherapeuten aus Sorge um die medizinischen Daten ihrer Patienten nicht an das Telematik-System angeschlossen, obwohl sie dafür mit Honorarabzug bestraft werden. Dazu BLZK-Präsident Dr. Dr. Wohl: „Was gut und sinnvoll ist, übernehmen Ärzte und Zahnärzte auch ohne staatlichen Zwang gerne und sofort. Nur was unpraktisch, teuer und mangelhaft im Datenschutz ist, muss mit Honorarabzug erzwungen werden.“

Auch das Ausklammern von Organisationen der Selbstverwaltung wie Zahnärzten, Ärzten und Apothekern, die künftig bei der gematik nicht mehr stimmberechtigt sein werden, sei ein fragwürdiges Zeichen, so Wohl: „Dass künftig die Expertise der Leistungserbringer im Gesundheitswesen nicht mehr gefragt sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Mit dem Ausschluss der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Apotheker aus der gematik fällt das Praxiswissen der Anwender weg. Die Praxisferne und Unpraktikabilität der Telematik-Anwendungen werden dadurch zwangsläufig zunehmen.“

„Erst die Pflicht, dann die Kür“

Auch Dr. Rüdiger Schott, Vorsitzender des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns, sieht die verpflichtende Einführung der ePA kritisch und verweist auf technische Probleme bei der Telematik-Infrastruktur:

„Die störungsanfällige Telematik-Infrastruktur (TI) sorgt schon heute für enormen Frust in unseren Praxen. Eine verpflichtende ePA gefährdet nicht nur das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, sie ist für die niedergelassenen Ärzte und Zahnärzte auch mit einem erheblichen, zusätzlichen Bürokratieaufwand verbunden. Dabei sind unsere Praxisteams bereits jetzt an der Belastungsgrenze. Die Politik müsste das Befüllen der ePA angemessen vergüten, doch woher soll das Geld dafür kommen? Die gesetzlichen Krankenkassen verzeichnen erneut ein Milliardendefizit. Seit dem 1. Januar 2023 sind die meisten zahnmedizinischen Behandlungen in der GKV deshalb budgetiert. Es muss aber der Grundsatz gelten: Erst die Pflicht, dann die Kür! Nur wenn die zahnmedizinische Versorgung von den Krankenkassen vollständig finanziert wird, können wir überhaupt über zusätzliche Aufgaben nachdenken. Auch der Fachkräftemangel wird uns die Umsetzung der ePA-Pflicht enorm erschweren.“  

Pressekontakt

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KZVB, Leitung GB Kommunikation und Politik
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