07/31/2023 | Nachrichten | BLZK, Vorstand
3 Fragen an das Vorstandsmitglied Dr. Brunhilde Drew
Vorstellung des BLZK-Vorstands 2022-2026
Wer sind die „Neuen“ im Vorstand der Bayerischen Landeszahnärztekammer? Warum engagieren sie sich ehrenamtlich für ihre Kolleginnen und Kollegen? Welche Lösungsansätze verfolgen sie bei den wichtigsten standespolitischen Problemfeldern? In der Serie „3 Fragen an …“ im Bayerischen Zahnärzteblatt (BZB) kommen die neugewählten Vorstandsmitglieder der Berufsvertretung der bayerischen Zahnärzte zu Wort – in diesem Monat Dr. Brunhilde Drew.
BZB: Die zahnärztliche Selbstverwaltung lebt vor allem vom ehrenamtlichen Engagement. Wie sind Sie zur Standespolitik gekommen und was motiviert Sie, sich für Ihren Berufsstand einzusetzen?
Drew: Mein Engagement begann bereits während des Studiums in der Fachschaft der LMU München. Nach meiner Niederlassung 1988 übernahm ich für einige Jahre das Amt der Obfrau im Obmannsbereich Fürstenfeldbruck. Da in den 1990er-Jahren die Gesundheitsreformen für viel Verunsicherung unter den Zahnärzten sorgten, bildete sich auf Obmannsebene zunächst ein kleiner Arbeitskreis, um sich untereinander auszutauschen und zu unterstützen. Im März 1999 gründete dieser Kreis mit 35 Kolleginnen und Kollegen das „Zahnärzteforum Fürstenfeldbruck“, das ich als 1. Vorsitzende über zehn Jahre führte. Ziel des Vereines war es, die Zahnärzte direkt an der Basis beim Umgang mit den täglichen Herausforderungen, die uns die Politik auferlegte, zu unterstützen.
Seit 1998 bin ich Delegierte im ZBV Oberbayern, seit 2001, mit einer Amtszeit Unterbrechung, Mitglied im Vorstand und dort seither auch Referentin Zahnärztliches Personal. Seit 2002 – ebenfalls mit einer Amtsperiode Unterbrechung – bin ich Delegierte der BLZK. Die Wahl in den Vorstand und die Berufung zur Referentin Zahnärztliches Personal habe ich mit Freude angenommen. Es ist eine ehrenvolle Aufgabe, die ich mit großem Verantwortungsbewusstsein wahrnehmen werde.
Schon die Entscheidung, Zahnmedizin zu studieren, war ein Stück weit geprägt von der Tatsache, dass es ein Freier Beruf ist. Leider musste ich sehr bald feststellen, dass die berufliche Freiheit, wie ich sie verstand, doch ziemlich eingeschränkt war und im Laufe der Zeit immer mehr beschnitten wurde. Bereits Anfang 1989, zwei Monate nach meiner Niederlassung, kam die Gesundheitsreform von Minister Blüm und damit eine der ersten großen Herausforderungen für unseren Berufsstand. Damals war mir bereits klar, dass wir nur dann gehört werden, wenn wir uns zusammentun und gemeinsam um unsere „Freiheit“ kämpfen. Es ist schon etwas dran an dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ – das sehe ich bis heute so. Damit dieses Gemeinsame gelingt, braucht es immer wieder Einzelne, die in gewisser Weise vorangehen und die anderen mitnehmen. Ich glaube, es war und ist wohl meine Freiheitsliebe und der Wunsch nach Unabhängigkeit, aber auch das Bedürfnis nach Mitgestaltung, dass ich mich für unseren Berufsstand einsetze.
In 35 Jahren Praxistätigkeit habe ich einige Gesundheitsminister und -ministerinnen kommen und gehen sehen. Und alle haben in irgendeiner Form ihren Fußabdruck hinterlassen. Letztendlich aber waren sämtliche sogenannten Reformen nicht unbedingt zum Besseren für uns Zahnärzte. Viele Dinge, und wenn es manchmal auch nur kleine waren, die wir in der Vergangenheit für den Berufsstand erreicht haben, haben wir dem ehrenamtlichen und zum Teil über viele Jahre unermüdlichen Engagement von Kolleginnen und Kollegen zu verdanken.
BZB: Der Zahnarztberuf unterliegt einem ständigen Wandel. Wo sehen Sie momentan die größten Problemfelder und den meisten Handlungsbedarf für die Standespolitik?
Drew: Die größten Herausforderungen sehe ich im Bereich des Fachkräftemangels und in dem seit über 30 Jahren unveränderten GOZ-Punktwert. Aber auch die nachlassende Niederlassungsbereitschaft junger Kolleginnen und Kollegen macht mir Sorge. Das Berufsbild des Zahnarztes hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert. Dies liegt zum einen am medizinischen und technischen Fortschritt. Infolgedessen sind auch die Ansprüche der Patienten gewachsen, die heute häufig gut vorinformiert in die Praxen kommen. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, braucht es neben fortlaufend weitergebildeten Zahnärzten vor allem gut aus- und fortgebildetes Personal – und das in ausreichender Zahl, was leider immer schwieriger wird.
Zwar trifft der Fachkräftemangel nicht nur uns Zahnärzte, aber wir stehen in harter Konkurrenz mit Berufen, die in der öffentlichen Wahrnehmung attraktiver erscheinen. In meiner Anfangszeit war eine „Zahnarzthelferin“, heute ZFA, noch etwas ganz Besonderes. Das Image dieses wirklich schönen und vielseitigen Berufes hat sich leider verschlechtert. Wenn ich mit Kolleginnen und Kollegen spreche, höre ich immer wieder die gleichen Klagen: Wir bekommen niemanden, für eine Ausbildung bewerben sich – wenn überhaupt – nur schlechtere Schulabgänger oder solche mit mangelhaften Deutschkenntnissen.
Auch wenn die Zahl der Ausbildungsverträge gleichbleibend hoch ist und in den Medien die ZFA als der drittbeliebteste Beruf bei weiblichen Auszubildenden dargestellt wird, täuscht dies über das eigentliche Dilemma hinweg – 40 Prozent Ausbildungsabbrüche beziehungsweise Durchfallquote, eine hohe Fluktuation nach der Abschlussprüfung, fehlende Rückkehrerinnen nach Familienpause und zudem der demografische Wandel machen nicht gerade Mut. Umso mehr gilt es, an allen Stellschrauben zu drehen. Und nicht zuletzt müssen wir auch über das Geld reden. Wenn eine ZFA von ihrer Arbeit nicht leben kann, dann muss uns das nachdenklich stimmen. An diesem Punkt kommt zwangsläufig die Honorierung zahnärztlicher Leistungen ins Spiel. Auch vor den Praxen machen Inflation und Preissteigerung nicht halt. Wenn jetzt im GKV-Bereich die Budgetierung wieder eingeführt wird und zudem keinerlei Aussicht auf eine Punktwertsteigerung und Anpassung der GOZ besteht, wird es für viele Praxen schwierig, höhere Gehälter zu bezahlen.
Gerade weil uns seitens der Politik für die nächsten Jahre keine GOZ-Anpassung in Aussicht gestellt wurde, müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, aus der gültigen Gebührenordnung für Zahnärzte so viel wie möglich rauszuholen. In diesem Punkt bin ich sehr zuversichtlich, weil sich unser Präsident persönlich dieser Sache angenommen hat und zusammen mit dem neu gegründeten GOZ-Senat sehr aktiv, motivierend und unterstützend auf die Kollegen zugeht. Diese sind allerdings gefordert, mutig die Dinge in die Tat umzusetzen.
Zum anderen prägt auch die Tatsache, dass immer mehr Frauen dem Berufsstand angehören, das Berufsbild. Zwei Drittel der Studienabgänger sind heute weiblich – mit steigender Tendenz. Bereits in ein paar Jahren werden bundesweit mehr Zahnärztinnen als Zahnärzte tätig sein. Dass deren spezifische Bedürfnisse und Prioritäten zum Teil völlig andere sind als die ihrer männlichen Kollegen, versteht sich von selbst.
So besitzt beispielsweise die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Zahnärztinnen einen signifikant höheren Stellenwert. Mit steigendem Frauenanteil wächst auch der Teil derer, die angestellt oder in Teilzeit tätig sind. Die Hauptgründe bei den Frauen sind, dass sie immer noch die Hauptlast bei Kinderbetreuung und Haushalt tragen, und häufig vor dem wirtschaftlichen Risiko einer Niederlassung zurückschrecken. Hier gilt es für Politik und Standespolitik, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Zahnärztinnen, aber auch Zahnärzte, auf der Grundlage ihrer besonderen Qualifikation wieder eigenverantwortlich und fachlich unabhängig ihre Leistung erbringen können und wollen. Und dies im Sinne echter Freiberuflichkeit und zum Wohl der Patienten. Hoffnung macht mir in diesem Fall, dass laut diverser Umfragen viele von ihnen die Entscheidung für die selbstständige Tätigkeit in eigener Praxis nur vertagt haben.
BZB: Ihre Amtszeit geht vorerst bis 2026. Welche Ziele möchten Sie bis dahin erreichen?
Drew: Als Referentin Zahnärztliches Personal liegt mir natürlich die Mitarbeitersituation in den Praxen und die Situation auf dem Arbeitsmarkt sehr am Herzen, besonders aber die Ausbildung unserer jungen Nachwuchskräfte.
Wenn Sie nach meinen Zielen fragen, würde ich lieber von einer Vision sprechen: Es muss uns gelingen, das Image des ZFA-Berufsbildes in der öffentlichen Wahrnehmung wieder so anzuheben, dass junge Menschen sich bei ihrer Berufswahl mit Begeisterung dafür entscheiden und ihrem Beruf auch treu bleiben! Dieser vielseitige und spannende Beruf und alle, die ihn ausüben, haben es nicht verdient, dass die ZFA als Lückenbüßer bei der Berufswahl gilt. Über den Weg dahin haben wir uns im Referat bereits viele Gedanken gemacht. Auch Kontakte zu berufspolitischen Stellen und Institutionen wurden bereits hergestellt und eine Reihe interessanter und hilfreicher Gespräche geführt.
Wichtig wird dabei aber auch sein, dass wir die Kolleginnen und Kollegen in den Praxen mit ins Boot holen. Ohne deren Mitwirkung werden wir nur bedingt erfolgreich sein. Denn alles, was wir in der Theorie erarbeiten, muss in der Praxis auch wirklich gelebt werden. Begleitende Fortbildungsmaßnahmen sollen dazu unterstützend beitragen.
Lassen Sie mich zum Schluss noch den heiligen Augustinus zitieren, der sagte: „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.“ In diesem Sinne wünsche ich mir, dass ich mit meinem Einsatz auch Vorbild für junge Zahnärztinnen und Zahnärzte sein kann und sie mit meiner Begeisterung für das ehrenamtliche standespolitische Engagement anstecke. Denn alle, die sich hier einbringen, sorgen mit dafür, dass die berufliche Freiheit für uns Zahnärzte gestärkt und erhalten wird. Davon profitiert der gesamte Berufsstand!
Vollständiger Artikel aus dem BZB
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